In unserem Gemeinderatsantrag vom 2.12.2020 „Verbesserungen für Menschen zu Fuß und Fahrrad, Ortsdurchfahrt Hechendorf“ forderten wir unter anderem die Einrichtung von Zebrastreifen für die bestehenden Fußgängerübergänge der Staatsstraße in Hechendorf. Ebenso hatte der Antrag die Anordnung von Tempo 30 für kritische Abschnitte zum Ziel.
Nun liegt eine vollständige Stellungnahme des Landratsamts auch zum Thema Zebrastreifen vor:
Landratsamt Starnberg zu Antrag Ortsdurchfahrt Hechendorf
Zusammenfassend lehnt das Landratsamt Zebrastreifen ab, da sie kontraproduktiv wirkten und Fußgänger zu sorglos die Straße queren würden. Diese Haltung finde ich bedauerlich. Sie zementiert die Vorrangstellung des Autoverkehrs gegenüber den schwächeren Verkehrsteilnehmern. Wie soll so eine Verkehrswende gelingen? Die Konsequenz müsste doch vernünftigerweise sein, deutlich mehr Zebrastreifen einzurichten, damit sich die Autofahrer daran gewöhnen. In anderen Ländern, beispielsweise in Frankreich, gibt es an Durchgangsstraßen an praktisch jeder Kreuzung Zebrastreifen – es ist also durchaus möglich.
Wenn das Landratsamt schreibt, dass die Anlage eines Zebrastreifens dessen frühzeitige Erkennbarkeit für den Fahrzeugführer voraussetzt, muss ich mir die Frage stellen, warum dann nicht zwingend ein Tempolimit angeordnet werden muss. Denn genau die fehlende Einsehbarkeit ist doch das von uns monierte Problem! In der Richtlinie R-FGÜ 2001, auf die das Landratsamt verweist, wird bei Tempo 50 eine einsehbare Mindestentfernung von 100 m vor Zebrastreifen gefordert. Bei Tempo 30 sind es noch 50 m.
Wenn man sich die Situation bei der Querungshilfe am Ortseingang anschaut, erkennt man, dass in der Tat eine einsehbare Entfernung von 100 m nicht gegeben ist. Die bei Tempo 30 geforderten 50 m werden aber eingehalten. Das selbe gilt für die Querungshilfe unterhalb der S-Bahn-Unterführung. Die einzig logische Konsequenz wäre daher aus meiner Sicht ein Zebrastreifen in Kombination mit Tempo 30. Sonst gefährden wir die Fußgänger, da die Autofahrer nicht rechtzeitig bremsen können.
Ich kann nicht nachvollziehen, dass man einerseits aufgrund der fehlenden frühzeitigen Erkennbarkeit einen Zebrastreifen ablehnt und andererseits konstatiert, die bisherige Querungshilfe ermögliche den Fußgängern eine gefahrlose Querung. Die Fußgänger können ebenso wie die Autofahrer die Straße nicht weit genug einsehen, wenn die Autos mit Tempo 50 unterwegs sind.
Bei der Querungshilfe oberhalb des Hirtenwegs wird die 100 m Entfernung aber problemlos eingehalten und es ist nicht einsichtig, welche Gründe hier gegen einen Zebrastreifen sprechen.
Immer wieder verweist die Polizei auf geringe Unfallzahlen, die einer Ausweisung von Zebrastreifen und Tempo 30 entgegen stehen. Die vielen beinah-Unfälle gerade bei der Einmündung der Seestraße werden dabei aber nicht berücksichtigt, da sie nicht aktenkundig werden.
Bei einem Lokaltermin unserer Fraktion mit einer Vertreterin des Landratsamts und Beamten der Polizeiinspektionen Herrsching und Starnberg wurde dies nochmals deutlich. Die geringen Unfallzahlen rechtfertigen laut Polizei keine weiteren Maßnahmen. Die Situation erinnert an ein Henne-Ei-Problem: Aufgrund der nach wie vor gefährlichen Situation meiden viele die Querungshilfe an der Seestraße, Eltern empfehlen ihren Kindern den Umweg über die Fußgängerbrücke an der S-Bahn. Auch dadurch dürften die Unfallzahlen gering sein. Aufgrund der geringen Unfallzahlen ist Tempo 30 nicht möglich und aufgrund der aus Tempo 50 resultierenden Mindestabstände kein Zebrastreifen. Letztlich zeigt sich, dass mit der derzeitigen, autofreundlichen Straßenverkehrsordnung eine Verbesserung für Fußgänger unmöglich ist. Wir hoffen, dass nach der Bundestagswahl im Herbst Bewegung in die Sache kommt, in Form einer Novelle der Straßenverkehrsordnung.
Im Rahmen des Gesprächs wurden auch verschiedene Kleinmaßnahmen diskutiert, die vonseiten des Landratsamts unproblematisch bzw. genehmigungsfrei sind. Dazu gehören:
- Eine Bepflanzung, z.B. mit einer Blühwiesenmischung, zwischen Straße und Fuß/Radweg, die die Straße optisch verschmälert,
- ebenso die Ersatzpflanzung von einem Hochstamm-Baum, nachdem für die Bauarbeiten einige Kastanien weichen mussten,
- große, gestaltete Ortseingangstafeln „Willkommen in Hechendorf“ mit einem Hinweis auf querende Fußgänger – damit würde der Ortseingang verdeutlicht,
- das Hinwirken der Gemeinde auf den pflichtgemäßen Heckenrückschnitt in der Innenkurve der Seefelder Straße. Damit würde die Einsehbarkeit für querende Verkehrsteilnehmer*innen verbessert. Auch hangabwärts fahrende Autos könnten früher bremsen.
Auch wenn diese Maßnahmen das fundamentale Problem nicht ändern werden, befürworten wir sie und werden uns für ihre zügige Umsetzung einsetzen.
Auch die geplante Markierung eines Rad-Streifens über die komplette Strecke der Staatsstraße vom Ortseingang an der Seestraße bis zum Ortsausgang Richtung Inning halten wir für sinnvoll und erhoffen uns davon eine Entschärfung der Situation. Sie soll noch im Frühjahr durch das staatliche Bauamt realisiert werden.
Ortwin Gentz