Unterm Brennglas

Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 7.6.2021 (ungekürzte Version):

Was sich aktuell in der Gemeinde Seefeld um die Frage eines Klinikneubaus abspielt, ist im lokalen Kosmos die Miniversion der globalen Gretchenfrage dieser Wendezeit: wie hältst du’s mit dem Schutz der Umwelt, der Natur? Wie ernst ist es dir mit dem Klimawandel? Das müsste eigentlich in großen Lettern auf dem Wahlbogen der Gemeinde zum Ratsbegehren stehen, um die Tragweite der individuellen Entscheidung für oder gegen einen Neubau im Landschaftsschutz zu beschreiben.

Aber da traut sich der Autor (Ratsmehrheit/Verwaltung?) nicht mal zu erwähnen, dass es um eine Fläche im Landschaftsschutz geht. Nicht mal ein Lageplan zeigt an, wofür die geforderte Entscheidung gelten soll. Von einer Bahnhofstraße östlich des Friedhofs ist die Rede. Der Friedhof heißt „An der Lindenallee“. Meinen sie die Lindenallee und wollen die Erinnerung an die Eichenallee-Proteste vermeiden? Kommunikationstechnisch ist dieser Wahlbogen ein Dokument des schlechten Gewissens und der Meinungsmanipulation.

Warum sollen hier die Bürger*innen Seefelds in unsachgemäßer Hektik über den Tisch gezogen werden? Die Fördermittel stehen bis 2023 bereit und vor allem: die alternativen Flächen und Lösungen sind noch längst nicht endgültig ausverhandelt. Will sich hier ein neuer Landrat auf Kosten der Umwelt als schneidiger Durchsetzer profilieren und droht der Gemeinde mit „Friss oder Stirb“? Die Behauptung, das Seefelder Krankenhaus könnte bei der Ablehnung des Ratsbegehrens ersatzlos geschlossen werden, ist eine haltlose, böse Angstmache. Der Staat ist zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung verpflichtet, da führt kein Weg dran vorbei.

Ist so eine Ratz-Fatz-Politik heute noch zu verantworten? Wenn ein CSU-Landrat nicht willens oder fähig ist, soziale und ökologische Anforderungen zu integrieren, hat er heute sein Amt verfehlt.
Eine Jahrhundert-Entscheidung wie ein Klinikneubau verdient eine gründlichere Abwägung, die nicht auf das billigste Stück Natur hinausläuft.

Leute, lasst euch nicht ins Bockshorn jagen, stimmt im Ratsbegehren mit NEIN.

Helmut Ronstedt
Seefeld-Hechendorf