Gutachten für neues Gewerbegebiet im Aubachtal?

Der Schlagabtausch zur Idee eines Gewerbegebiets im Aubachtal geht weiter. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 14.11.2019 über den Vorschlag, ein naturschutzfachliches Gutachten für den Standort in Auftrag zu geben, wie in der Gemeinderatssitzung am 12.11.2019 unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ eingebracht.

Martin Dameris (SPD) fand Gums Vorpreschen „unmöglich“, auch wenn die Idee von einem „intelligenten Unternehmer“ komme. Was Seefeld brauche, seien „Visionen“. Immer mehr Wachstum ziehe immer mehr Ausgaben nach sich. Dameris: „Davon müssen wir uns verabschieden.“ Außerdem sei Seefeld nicht klamm. „Wir haben Einnahmen von 14 Millionen Euro, die Gemeinde gibt nur zu viel Geld aus.“ Wenn der Vorschlag Schneiders im Lenkungskreis der Ortsentwicklung und mit den Bürgern diskutiert werde – „ja, aber nicht unter Sonstiges“.

Auch wir halten es für falsch, voreilig ein Naturschutz-Gutachten in Auftrag zu geben. Bevor man diesen Schritt geht, muss geklärt sein

  • ob für die Gemeinde und ihre Bürger die Inanspruchnahme einer derartig großen Fläche für ein Gewerbegebiet, nach Abwägung aller Vor- und Nachteile und mit all ihren Nebenwirkungen überhaupt sinnvoll ist,
  • ob überhaupt ein Bedarf für ein Gewerbegebiet dieser Größe besteht,
  • ob nicht eine innerörtliche, maßvolle Entwicklung von Gewerbeobjekten den Bedarf decken kann, denn diese sollte den Vorzug bekommen gegenüber einer Entwicklung im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet.

Nur falls alle diese Fragen uneingeschränkt mit Ja beantwortet werden können – und dies stellen wir massiv in Frage – könnten die nächsten Schritte gegangen werden. Dabei sollte zunächst geprüft werden, ob eine interkommunale Zusammenarbeit für ein gemeinsames Gewerbegebiet nicht sinnvoller wäre. Die Gemeinden Wörthsee und Inning betreiben zum Beispiel solch ein interkommunales Gewerbegebiet nördlich der Autobahnausfahrt Inning.

Im nächsten Schritt sollten alle in Frage kommenden Flächen identifiziert werden. Die Identifikation solcher Flächen sollte im Rahmen des Ortsentwicklungsprozesses erfolgen. Erst am Ende dieses Prozesses würde dann für vielversprechende Flächen eine natur- und artenschutzrechtliche Prüfung erfolgen.


Entscheidungsdiagramm Gewerbegebiet Aubachtal

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es völlig verfrüht, einen Auftrag zur Erstellung eines Naturschutzgutachtens zu erteilen. Es ist sogar gefährlich. Denn ein möglicherweise positiver Bescheid erschwert gegebenenfalls den ergebnisoffenen Vergleich aller möglichen Standorte. Bestes Beispiel dafür ist die Diskussion um das Atommüllendlager. Weil ein Standort bereits genehmigt ist, ist die Suche nach einem optimalen Standort enorm schwierig.

Johanna Senft (BVS) forderte, die Bewertung des Gewerbestandorts Delling im Ortsentwicklungsprozess vorzuziehen. In der Ortsentwicklungswerkstatt in Drößling stellte Ulrich Pirzer (FWG) eine ähnliche Forderung. Susanne Bauer vom Planungsverband wies das Ansinnen zurück, da der Zeitplan des Ortsentwicklungskonzepts als Phase 2 im Frühjahr nach der Kommunalwahl zunächst die Erarbeitung von Leitzielen und Entwicklungsszenarien vorsieht. Wir können ebenfalls nur davor warnen, den sehr durchdachten Zeitplan einfach über den Haufen zu werfen. Man würde sonst die Axt an den Bürgerbeteiligungsprozess legen.


360° Panoramaaufnahme der Fläche von Gut Delling, im Hintergrund Oberalting

Aus unserer Sicht spielt das Ortsentwicklungskonzept eine entscheidende Rolle, um ein Leitbild für Seefelds Zukunft zu entwickeln. Auch in Bezug auf die Identifikation und Bewertung von Entwicklungsflächen ist die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger entscheidend. Der Ortsentwicklungsprozess kann aber vom Prinzip her keine Mehrheitsentscheidungen treffen und somit mögliche Konflikte nur benennen, aber nicht auflösen. Die finale Entscheidung bleibt daher natürlich beim gewählten Gemeinderat. Die Bürgerinitiative Eichenallee und Bündnis 90/Die Grünen positionieren sich dabei klar gegen eine Bebauung des Aubachtals, insbesondere bei Gut Delling. Mit der Kommunalwahl im nächsten Frühjahr haben die Wählerinnen und Wähler das Wort.

Ortwin Gentz