Ein Industriegebiet im Aubachtal: Wollen wir das?

In der Hechendorfer Bürgerversammlung vor zwei Wochen stellte TQ Systems-Geschäftsführer Detlef Schneider seine Idee für ein großflächiges Gewerbegebiet im Aubachtal bei Gut Delling vor. Wir befürworten eine maßvolle Förderung der Gewerbeansiedlung, die zu den natürlichen und sozialen Proportionen Seefelds passt. Eine Gewerbeansiedlung im Landschaftsschutzgebiet bei Gut Delling lehnen wir ab.

Die Idee widerspricht mit der genannten Größenordnung von 12 bis 15 Hektar massiv dem Flächensparziel der Bundes- und Staatsregierung, das herunter gebrochen auf Seefeld einen maximalen Verbrauch von etwas unter einem Hektar pro Jahr erlaubt, sondern auch jeder ökologischen Vernunft. Ein Gewerbegebiet dieser Größe würde das Flächenbudget von 12-15 Jahren auf einmal aufbrauchen, die fortschreitende Versiegelung und Zerstörung der heimatlichen Landschaft deutlich beschleunigt. Zur Einordnung der Dimensionen: Vor zwei Jahren ging es mit der Krankenhausplanung an der Eichenallee um eine Fläche von 25.000 m². Jetzt geht es um die fünffache Größe, oder anders ausgedrückt um eine Fläche vergleichbar mit der Siedlungsfläche von ganz Meiling.


Vorgeschlagene Gewerbefläche (mit Abstandsflächen), eingerahmt von Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (rot)

Das Aubachtal ist ein überregional schützenswerter Grünzug mit europäisch zertifizierten FFH-Flächen und Teil einer wichtigen Frischluftschneise, die das Klima im Großraum München positiv beeinflusst. Direkt angrenzende FFH-Gebiete würden vermutlich in Mitleidenschaft gezogen. Der anvisierte Acker im Eigentum der Stadt München wird zudem vom Gut Delling in vorbildlicher Weise ökologisch bewirtschaftet. Auf den Feldern des Bio-Betriebs sind inzwischen selten gewordene Ackerbeikräuter wie Mohn, Kornblume und Frauenspiegel noch anzutreffen.

Eine so große Gewerbefläche schafft Platz für mehrere Tausend Arbeitnehmer. Bei der im Landkreis seit Jahren sehr niedrigen Arbeitslosenquote, bedeutet das einen starken Anstieg der Zahl der Einpendler und damit ein weiter erhöhtes Verkehrsaufkommen, dem das bestehende Verkehrsnetz nicht gewachsen wäre. Von der damit verbundenen anschwellenden Lärm- und Abgasbelastung auf der Eichenallee und den benachbarten Straßen gar nicht zu reden.

Auch ist mit einem kräftig ansteigenden Siedlungsdruck zu rechnen, der die Mieten und Immobilienpreise weiter in die Höhe treibt. Davon mögen einige Wenige profitieren. Das Gros der BürgerInnen hat dabei das Nachsehen, der ohnehin knappe Wohnraum würde noch teurer.

Gut Delling, Aubachtal
Blick von Gut Delling ins Aubachtal (Foto: Ortwin Gentz)

Totschlagargument Gewerbesteuereinnahmen

Die Gemeinde Seefeld „ist pleite“, behauptet Detlef Schneider im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Faktisch belegt wurde dies bis heute nicht. Abgesehen davon, dass Seefeld nach wie vor über ein passables Steueraufkommen aus Einkommen-, Grund- und Gewerbesteuer verfügt, würde man sich mit der Ansiedlung eines größeren Betriebs erneut in eine Abhängigkeit begeben. Die Gemeinde hat vor wenigen Jahren erst schmerzlich zu spüren bekommen, wie schnell durch steuerliche Verlagerung eines Großbetriebs ins Ausland die Gewerbesteuereinnahmen schrumpfen können. Auch die Folgelasten durch mehr Verkehr, Wohnbedarf und gemeindliche Infrastruktur werden dabei gerne außer Acht gelassen oder zumindest nicht näher analysiert.

Fehlende Transparenz und mangelhafte Faktenlage

Die Idee und Diskussion um ein Gewerbegebiet im Aubachtal macht erneut deutlich, dass eine sachliche Aufklärung und transparente Darstellung der Fakten essentiell für eine fundierte und alle Aspekte umfassende Beurteilung ist. Dabei sollte nicht nur auf mögliche sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen in der Zukunft geschielt werden, sondern auch auf Aspekte wie Verkehrsbelastung, Siedlungsdruck, Infrastrukturkosten und natürlich die unwiderbringlich zerstörten Naturflächen.

Ortwin Gentz, Helmut Ronstedt, Ellen Quadfaß