Direkte Demokratie in Seefeld mundtot gemacht

Wie bereits aus der Presse bekannt, hat der Seefelder Gemeinderat in der Sitzung am Dienstag, den 8. August 2017, unser Bürgerbegehren aus formellen Gründen für unzulässig erklärt. Der einzige von Bürgermeister Wolfram Gum bemängelte Punkt war dabei die Aussage im Begehren, die Bettenerweiterung „wäre vergleichsweise schnell und kostensparend umsetzbar.“ Eine Bestandsaufnahme habe gezeigt, dass ein zweistelliger Millionenbetrag notwendig sei, um das Haus zu sanieren.

Gemeinderat Dr. Robert Benoist (Grüne) merkte dazu richtig an, dass das Wort „vergleichsweise“ entscheidend ist. Es ginge also nicht um absolute Zahlen, sondern nur um die im Vergleich zu einer Neubaulösung schnellere und kostensparendere Umsetzung. Daher sei die Aussage im Begehren keine Irreführung.

Wir hatten dies in unserer Stellungnahme vom Freitag, den 4. August 2017, bereits ausführlich dargelegt. Bezüglich des angeblichen Sanierungsbedarfs verwiesen wir auf die Selbstdarstellung der Klinik auf ihrer Website („Eine umfassende Gesamtsanierung fand im Jahr 2000 statt“). Bürgermeister Gum betrachtete diese Darstellung in einem Vorab-Gespräch am Nachmittag mit uns als eine reine Marketingdarstellung, die nicht mit der Realität übereinstimmt. Zu der Frage, wie die wahre Situation der Klinik aussieht, gibt es keine veröffentlichten Erkenntnisse. Ein bewusstes Irreführen der Bürger durch die Initiative ist daher nicht gegeben. Die Initiative hat nicht wider besseren Wissens den Text des Begehrens verfasst.

Gemeinderat Prof. Martin Dameris (SPD) ging ausführlich auf jeden Punkt der Beanstandungen ein und konnte in keinem Punkt eine Täuschung erkennen. Das Begehren sei daher als zulässig zu bewerten. Die genannten Punkte wurden im weiteren Verlauf der Sitzung weder beachtet noch diskutiert. Dameris wies auch darauf hin, dass die Stellungnahme der Kommunalaufsicht des Landratsamts der Ansicht der Verwaltung in einem wesentlichen Punkt widersprochen hatte: Der eigene Wirkungskreis der Gemeinde bei der Begehrens-Forderung nach dem Erhalt der Landschaftsschutzgebiete wurde von der Starnberger Behörde bejaht.

In Stellungnahmen von Gemeinderäten anderer Fraktionen wurde zum Teil die Frage der Zulässigkeit mit der inhaltlichen Zustimmung zur Forderung des Begehrens vermischt. Dabei ging es laut Tagesordnung allein um die Frage der Zulässigkeit.

Eine weitere Diskussion in der öffentlichen Sitzung wurde letztlich verhindert, indem mit einem Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte von Gemeinderat Dr. Oswald Gasser (FDP) die sofortige Abstimmung mit der Mehrheit von CSU, FWG und FDP beschlossen wurde. Weitere Wortmeldungen, beispielsweise von Gemeinderätin Ute Dorschner (SPD), die vorher noch gar nicht zu Wort gekommen war, wurden nicht mehr beachtet.

Die Art und Weise, wie unter Federführung von Herrn Dr. Gasser die weitere Diskussion abgewürgt wurde, empfinden wir als schlechten Stil und zutiefst undemokratisch! Für die Diskussionskultur im Gemeinderat ist das nicht förderlich.

Gegen die Stimmen der Gemeinderäte Prof. Dameris, Dorschner, Dr. Altenberger (SPD) sowie Dr. Benoist und Dr. Hoppe (Grüne) wurde die Zulässigkeit vom Gemeinderat abgelehnt. 1)

Diese Entscheidung stand faktisch bereits vorher fest. Am Nachmittag fand auf Einladung des 2. Bürgermeisters Schneider ein Vorab-Gespräch der drei Bürgermeister Gum, Schneider und Dr. Gasser mit uns statt. Überraschenderweise wurde über unsere Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt der Zulässigkeit überhaupt nicht gesprochen. Es wurde klar, dass die Nichtzulassung längst abgesegnet war. Wir konnten zu den beanstandeten Punkten nichts mehr sagen. Horst Guckelsberger vom LBV betonte: „Der Standort an der Eichenallee hätte niemals als Alternative in Erwägung gezogen werden dürfen. Das Natur- und Kulturdenkmal der Eichenallee, Deutschlands älteste und größte ihrer Art, ist ein Alleinstellungsmerkmal von Seefeld. Das Vorhaben, sie so zu beeinträchtigen, wäre eine Kulturschande.“
Wir bedauern, dass die Gesprächsatmosphäre unter persönlichen Diffamierungen und einem sehr aggressiven Ton litt. Das von Ildiko Gaal-Baier getragene Initiativen-T-Shirt wurde von Bürgermeister Gum als unpassend moniert und damit der Ernst der Sache angezweifelt. Wir wurden mit dem Ziel einer De-Eskalation im Vorfeld der Gemeinderatssitzung eingeladen. Dieses Ziel wurde leider verfehlt.

Wie geht es nun weiter?

Wir planen in jedem Fall eine Prüfung des bislang noch nicht vorliegenden Ablehnungsbescheids durch einen Fachanwalt. Dann entscheiden wir, ob wir Klage erheben.
Parallel dazu arbeiten wir an einer neuen Version des Bürgerbegehrens.

Besonders die rechtliche Prüfung (ca. 1000 €) und ein etwaiger Prozess vor dem Verwaltungsgericht (ca. 3000 €) wird viel Geld verschlingen. Geld, das wir derzeit nicht haben. Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir unser Ziel, die Landschaft in Seefeld zu schützen, weiterverfolgen können.

1)
Abstimmungsverhalten der Gemeinderäte
Für den Beschlussvorschlag und die Erklärung der Nichtzulässigkeit:

  • Bürgermeister Wolfram Gum (CSU)
  • Sebastian Haberkorn (CSU)
  • Martin Dosch (CSU)
  • Johann Dreyer (CSU)
  • Christoph Preininger (CSU)
  • Robert Schindlbeck (CSU)
  • Josef Schneider (CSU)
  • Christian Wagner (CSU)
  • Peter Schlecht (FWG)
  • Ulrich Pirzer (FWG)
  • Thomas Ruf (FWG)
  • Josef Wastian (FWG)
  • Dr. Oswald Gasser (FDP)
  • Dr. Rudolf Lindermayer (FDP)
  • Johanna Senft (BVS)
  • Dr. Stephan Burkes (BVS)

Gegen den Beschlussvorschlag und für die Erklärung der Zulässigkeit:

  • Prof. Dr. Martin Dameris (SPD)
  • Dr. Brigitte Altenberger (SPD)
  • Ute Dorschner (SPD)
  • Dr. Robert Benoist (Grüne)
  • Dr. Sonja Hoppe (Grüne)