Die Kommission hat beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, da es blütenreiche Wiesen in Natura-2000-Gebieten nicht ausreichend schützt und damit den Anforderungen der Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) nicht nachkommt. Die Richtlinie ist eines der wichtigsten Instrumente der EU zum Schutz der biologischen Vielfalt.
Zwei Lebensraumtypen, die von Bedeutung für Bestäubungsinsekten, Bienen und Schmetterlinge, und im Rahmen des Natura-2000-Netzes geschützt sind, nämlich Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen, weisen in Deutschland einen ungünstigen Erhaltungszustand auf.
Deutschland und Bayern tun nicht nur zu wenig für den Schutz artenreicher Wiesen, sie weisen auch zu wenige solcher Flächen offiziell aus. Das soll sich nach dem Willen der Ampel-Koalitionäre ändern. „Das europäische Naturschutzrecht setzen wir eins-zu-eins um“, heißt es auf Seite 34 des Koalitionsvertrags. Die SZ bescheinigt dem Satz allerdings Sprengkraft:
Denn der Freistaat hinkt bei der Umsetzung des europäischen Naturschutzrechts massiv hinter her. (…) Wenn der Bund deshalb die beiden großen Naturschutz-Rechtsverfahren friedlich beilegen will, welche die EU-Kommission in diesem Jahr gegen Deutschland in Gang gesetzt hat, wird er vor allem auf die Staatsregierung einwirken müssen, damit sie die Naturschutz-Vorgaben der EU einhält. Das eine Verfahren betrifft die FFH-Gebiete und ihr Management, also das Kernstück des europäischen Naturschutzes. Das andere bezieht sich auf den Schutz von naturnahen Wiesen – wo laut LBV der Freistaat gegenüber der EU-Kommission Verluste von mehr als 80 Prozent einräumen musste.
Was die Ampel für Bayern bringt, Sebastian Beck et al, SZ vom 16.12.2021
Umso wichtiger ist der Erhalt der artenreichen Flachland-Mähwiese unterhalb des Hechendorfer Friedhofs. Wir begrüßen daher die jüngsten Entwicklungen, dass die naturnahe Wiese aller Voraussicht nach geschont werden soll. Verluste bei diesem Lebensraum muss die Politik mit allen Mitteln verhindern – nicht nur im Hinblick auf das laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren.
Das Bauleitplanverfahren für einen Klinikneubau an dieser Stelle sollte nun zügig ad acta gelegt werden. Im nächsten Schritt sollte die Fläche offiziell unter FFH-Schutz gestellt werden, um auch künftigen Begehrlichkeiten für neue Bebauungen an dieser Stelle Einhalt zu gebieten. Die ökologischen Kriterien dafür dürfte die Wiese erfüllen und der Freistaat würde einen Schritt gehen, das Ausweisungsdefizit solcher Flächen zu heilen. Ein kleiner Schritt, aber irgendwo und irgendwann muss man ja mal anfangen!
Ortwin Gentz