Angriff auf die Mitte

Leserbrief zur Diskussion um die Kleine Anfrage der Union „551 Fragen zur Demokratie“ in der Süddeutschen Zeitung vom 15.3.2025:

Sehr geehrter Herr Merz, ich bin Kinderärztin und versuche täglich in unserer Praxis diese Gesellschaft ein klein wenig zusammenzuhalten. Ich leiste meinen Dienst an der Gesellschaft gerne und zahle auch gerne meine Steuern. Ich repräsentiere die Mitte der Gesellschaft, ich bin nicht links – oder rechts. Aber ich demonstriere dieser Tage für die Demokratie. Ihre Kleine Anfrage, die gegen Organisationen der Mitte der Gesellschaft gerichtet ist, ist ein Angriff auch auf mich.

Die Andeutung in Ihrer Anfrage: „Manche Stimmen sehen in den NGOs eine Schattenstruktur, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt“ befeuert Verschwörungstheorien und ist eine reine Unterstellung. Sie stellt uns alle aus der Mitte der Gesellschaft in eine Ecke mit sinistren Machenschaften, sie unterstellt, wir würden uns als demokratische Bürger instrumentalisieren lassen. Ich frage Sie, Herr Merz: Welche Stimmen sind das genau, die Sie da meinen? Wieso verschaffen Sie diesen Stimmen Gehör?

Die Anfrage selbst, aber mehr noch die Formulierung, verrät: hier geht es nicht um eine Nachfrage, wo Steuergelder hingehen, hier geht es darum, Vereine und Organisationen aus der Mitte der Gesellschaft zu diffamieren und Menschen davon abzuhalten, sich demokratisch für die Gesellschaft zu organisieren. Und wir brauchen diese Organisationen, wir brauchen Omas und Sportvereine (ja auch die nehmen an Demonstrationen für Demokratie teil).

Ich möchte Sie, Herr Merz, höflich daran erinnern, dass Sie selbst von Steuergeldern bezahlt werden. Ich möchte Sie bitten: Bleiben Sie demokratisch in Ihrem Handeln und in Ihren Formulierungen. Spalten Sie nicht unsere Mitte. Wenn Sie den Missbrauch von Steuergeldern verhindern wollen, dann wirken Sie auf ein Verbotsverfahren der AfD hin und lassen Sie bitte die friedlichen demokratischen Vereine und Organisationen der Mitte der Gesellschaft in Ruhe.

Dr. med. Linda Rüger, Seefeld